Über das Internet verkaufte ich gestern eine Berliner Zoobroschüre aus dem Jahre 2013. Es sind viele Tiere darin abgebildet, die genauso aussehen, wie die Tiere in der Zoobroschüre von 1979, die ich ebenfalls besitze. Tiere hinter Gittern sind Tiere hinter Gittern. Eine Frau hat sie, also die neuere der beiden Broschüren, gekauft (sehr günstig, sodass ein Versand nicht lohnt) und will sie nun abholen lassen, da ihr Freund in meiner Nähe wohnt. Gut, heute um 12, sagte ich. Sie antwortete mit „Verstanden!“ als wäre das ein Befehl gewesen. Dann ein Anruf, sie ungeheuer erbost, da ihr Freund ausgerechnet heute nicht bei sich in der Wohnung, also in meiner Nähe, sondern bei ihr „weit draussen“ sei. Doch sie hätten jetzt gemeinsam entschieden, daß sie zusammen, also sie und er zusammen, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vom Stadtrand, wo sie nämlich wohne, angereist kämen, was sicher sehr mühsam werden würde, doch die Zoobroschüre sei ihnen das nunmal allemal wert. Eventuell kämen sie sogar zu spät, schloss sie das Gespräch vehement ab. Ich sagte noch, daß sie das Buch auch gerne ein andermal abholen könne, doch es kam keine Antwort mehr. Ich erinnere mich dann plötzlich daran, wie der Psychoanalytiker einmal einen Text von mir, den ich ihm aus ödipalen Gründen vorlas, mit den Worten: „Das ist keine Literatur! Lesen sie doch einmal Thomas Mann!“ kommentiert hatte. Ich war daraufhin sehr enttäuscht gewesen und schmiß zuhause angekommen umgehend die Thomas Mann-Gesamtleiste (samt Schuber), die ich natürlich als Tochter eines Deutschlehrers tatsächlich besaß, direkt in den Altpapiercontainer. Das war natürlich eine Überreaktion. Doch, nur der Schriftsteller selbst bestimmt doch, ob sein Werk Literatur ist oder nicht!
© Bettie I. Alfred, 2021, 9.4.